

Ob zur Leistungssteigerung oder für gesundheitliche Verbesserungen – die Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie (IHHT) verspricht viele Vorteile. Doch was steckt wirklich hinter dieser Sauerstofftherapie? Wir erklären, wie IHHT funktioniert, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse es gibt und für wen diese Methode geeignet ist.
Bei der Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie (IHHT) wechseln sich Phasen mit sauerstoffarmer und sauerstoffreicher Luft ab – eine Methode, die Sportlern und Patienten zugutekommen soll. Doch was sagt die Wissenschaft? Foto: Shutterstock
Sie haben sicher schon von Sportlern gehört, die Höhentraining nutzen, um ihre Leistungsfähigkeit zu steigern. In größeren Höhen ist die Luft „dünner“, sodass der Körper pro Atemzug weniger Sauerstoff aufnimmt und sich entsprechend anpasst. Er produziert mehr rote Blutkörperchen und bildet zusätzliche Blutkapillaren, um die Sauerstoffversorgung zu verbessern. Diese positiven Anpassungsmechanismen macht sich die intermittierende Hypoxie-Therapie (IHT) zunutze, bei der gezielt Luft mit reduziertem Sauerstoffgehalt eingeatmet wird.
Auf Basis der IHT wurde in den letzten Jahren die Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie (IHHT) entwickelt, eine alternative Behandlungsmethode, die auf wechselnden Sauerstoffkonzentrationen basiert. Während der Behandlung, die in der Regel im Liegen und in einem entspannten Zustand erfolgt, atmen die Patienten über eine Atemmaske abwechselnd sauerstoffarme Luft (Hypoxie, 8–12 % Sauerstoff für 5–7 Minuten) und anschließend sauerstoffreiche Luft (Hyperoxie, 30–40 % Sauerstoff für 2–5 Minuten) ein. Dieser Zyklus wird 3 bis 5 Mal wiederholt. Eine typische Sitzung dauert zwischen 30 und 60 Minuten, wobei für eine nachhaltige Wirkung 10 bis 15 Behandlungen empfohlen werden, idealerweise mit zwei bis drei Sitzungen pro Woche.1,2
Da das Verfahren nicht standardisiert ist, variieren Dauer und Anzahl der Atemzyklen. Für genaue Informationen sollte eine medizinische Fachkraft konsultiert werden.
IHT und IHHT sollen – so die Argumentation – die Effekte eines Höhentrainings nachahmen, indem sie Hypoxie-Mechanismen im Körper aktivieren, die positive physiologische Anpassungen auslösen sollen. Während beim klassischen Höhentraining über einen längeren Zeitraum ausschließlich sauerstoffarme Luft eingeatmet wird und gleichzeitig körperliche Aktivität stattfindet, erfolgen IHT und IHHT unter kontrollierten Bedingungen und ohne körperliche Belastung.
Die wichtigsten Unterschiede im Überblick:
Die Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie basiert auf dem Wechsel zwischen Sauerstoffmangel und Sauerstoffüberschuss. Befürworter der IHHT argumentieren, dass dieser kontrollierte Wechsel die Sauerstoffaufnahme steigert, die Regeneration beschleunigt, den Stoffwechsel optimiert und die körperliche sowie geistige Leistungsfähigkeit verbessert.2,3,4,5,6
Wird der Körper mit zu wenig Sauerstoff versorgt, reagiert er zunächst mit kurzfristigen Anpassungen, etwa einer erhöhten Atemfrequenz. Langfristig setzt er Mechanismen in Gang, die die Sauerstoffversorgung verbessern – darunter die verstärkte Bildung roter Blutkörperchen, die Sauerstoff binden und von der Lunge zu den Organen transportieren.
Ein zentraler Mechanismus hinter diesen Anpassungen ist der Hypoxie-induzierbare Faktor 1 (HIF-1) – ein Protein, das bei Sauerstoffmangel stabil bleibt und in den Zellkern wandert, wo es über 100 Gene aktiviert. Diese steuern wichtige Prozesse wie:
HIF-1 besteht aus zwei Untereinheiten:
Unter normalen Sauerstoffbedingungen wird HIF-1α schnell abgebaut. Bei Sauerstoffmangel bleibt es jedoch stabil, verbindet sich mit HIF-1β und aktiviert gezielt Anpassungsgene. Dieser Prozess setzt innerhalb weniger Minuten ein und entfaltet seine volle Wirkung nach 30–60 Minuten. HIF-1 steuert somit vor allem kurzfristige Anpassungen an Sauerstoffmangel, während für langfristige Veränderungen zusätzlich die verwandten Faktoren HIF-2 und HIF-3 eine Rolle spielen.
Allerdings kann HIF-1 je nach Kontext auch negative Effekte haben – so kann es beispielsweise das Überleben von Krebszellen unter Sauerstoffmangel fördern.
Im Jahr 2019 wurde der Medizin-Nobelpreis für die Entdeckung der Mechanismen von HIF-1 an William Kaelin, Gregg Semenza und Peter Ratcliffe verliehen. Häufig wird IHHT damit in Verbindung gebracht – allerdings gibt es keinen direkten Nobelpreis für IHHT oder ihre Wirkung auf die Gesundheit.
Die Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie wird für verschiedene medizinische und sportliche Anwendungen empfohlen. Dazu gehören:
Die aktuelle Studienlage zur Wirksamkeit der Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie ist begrenzt und widersprüchlich. Zwar gibt es Hinweise auf mögliche positive Effekte, doch es fehlen groß angelegte, kontrollierte Studien, die die Wirksamkeit eindeutig belegen.
Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2023 bewertet die bisherigen Forschungsergebnisse durchaus positiv.1 Mögliche Effekte werden für Herz-Kreislauf-, Atemwegs-, Muskel-, Nerven- und Stoffwechselerkrankungen beschrieben. Allerdings betonen die Autoren, dass aussagekräftige klinische Studien fehlen. Auch zur optimalen Dosierung, Häufigkeit und den Langzeiteffekten der IHHT gibt es keine einheitlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Ein Review-Artikel aus dem Februar 2024 wertete ausschließlich randomisierte, kontrollierte Studien aus, in denen IHHT mit einer Scheinbehandlung verglichen wurde.7 Die Autoren identifizierten fünf geeignete Studien: Zwei untersuchten Gedächtnisprobleme bei älteren Menschen (insgesamt ca. 70 Teilnehmende), drei beschäftigten sich mit Bluthochdruck bei Personen mit hohem kardiovaskulärem Risiko (insgesamt ca. 150 Teilnehmende). Aufgrund der geringen Teilnehmerzahl und methodischer Schwächen waren die Ergebnisse widersprüchlich: Während drei Studien eine positive Wirkung der IHHT zeigten, blieb sie in zwei Studien ohne Effekt.
Eine Pilotstudie aus dem November 2024 untersuchte 145 Long-COVID-Patienten, die IHHT als Teil eines Rehabilitationsprogramms erhielten.8 Im Vergleich zur Kontrollgruppe verbesserte sich die Müdigkeit signifikant, die Lebensqualität stieg und der Blutdruck sank. Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.
In Deutschland läuft derzeit eine Studie zur Wirkung von IHHT auf die Herzfunktion und körperliche Leistungsfähigkeit.9 Ergebnisse liegen jedoch noch nicht vor.
Die Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie gilt als gut verträglich, kann jedoch gelegentlich leichte Nebenwirkungen wie Schwindel, Kopfschmerzen oder kurzzeitige Atemnot verursachen.10 Schwere Nebenwirkungen sind selten dokumentiert.
Bestimmte Personengruppen sollten IHHT nur nach ärztlicher Rücksprache anwenden, darunter:4
Die Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie ist ein vergleichsweise neues, alternativmedizinisches Verfahren, bei dem abwechselnd sauerstoffarme (Hypoxie) und sauerstoffreiche (Hyperoxie) Luft eingeatmet wird. Dieser Wechsel soll physiologische Mechanismen aktivieren, die sich positiv auf den Energiestoffwechsel und die Zellgesundheit auswirken. Daher wird IHHT zur Steigerung der körperlichen und geistigen Fitness sowie bei verschiedenen medizinischen Indikationen eingesetzt, darunter Stoffwechsel-, Herz-Kreislauf- und neurologische Erkrankungen.
Obwohl erste Pilotstudien vielversprechende Ergebnisse liefern, fehlen bisher groß angelegte, randomisierte Studien, um die Dosis-Wirkungs-Beziehung und Langzeiteffekte der IHHT zu bestätigen. Insbesondere ist unklar, ob die positiven Effekte des Höhentrainings oder der intermittierenden Hypoxie-Therapie (IHT) direkt auf IHHT übertragbar sind. Wissenschaftlich ist bislang nicht eindeutig belegt, warum der Wechsel zwischen Sauerstoffmangel und Sauerstoffüberschuss Vorteile bringen sollte.
Gut zu wissen
Der Sauerstoffgehalt der Luft bleibt mit etwa 21 % konstant – ob auf Meereshöhe oder in den Bergen. Allerdings nimmt mit zunehmender Höhe der Luftdruck ab, wodurch auch der Sauerstoffpartialdruck sinkt. Das bedeutet, dass pro Atemzug weniger Sauerstoffmoleküle aufgenommen werden. In 2500 Metern Höhe stehen dem Körper beispielsweise rund ein Drittel weniger Sauerstoffmoleküle zur Verfügung als auf Meereshöhe.
Bei ungeübten Personen kann Sauerstoffmangel in großer Höhe zu Höhenkrankheit mit Symptomen wie Schwindel oder Kopfschmerzen führen. Der Körper reagiert langfristig, indem er mehr rote Blutkörperchen bildet und die Kapillardurchblutung verbessert – ein Mechanismus, den Sportler beim Höhentraining gezielt nutzen, um ihre Leistungsfähigkeit zu steigern.