Natürliche Heilung oder Placebo? Die Evidenz hinter der Eigenbluttherapie

Unter dem Begriff ‚Eigenbluttherapie‘ versteht man die Reinjektion autologen Blutes, eine Praxis, die seit dem späten 19. Jahrhundert in der europäischen Medizin angewendet wurde, jedoch ab den 1950er Jahren in den Hintergrund trat. In jüngerer Zeit erfährt sie aufgrund verstärkter klinischer Evidenz und steigender Patientennachfrage nach komplementären Behandlungsansätzen eine Wiederbelebung. Doch was genau verbirgt sich hinter den verschiedenen Arten der Eigenbluttherapie und wie effektiv sind sie wirklich?

Detailaufnahme von roten Blutkörperchen im menschlichen Blutkreislauf, symbolisch für die Eigenbluttherapie.

Eigenblut: Schlüsselakteur in der Eigenbluttherapie zur Förderung der Heilung und Immunstärkung. Foto: Adobe Stock

Was ist Eigenbluttherapie?

Die Eigenbluttherapie (oder Eigenblutbehandlung) ist ein Verfahren der Komplementärmedizin, bei dem Patienten ihr eigenes, zuvor entnommenes Blut wieder injiziert wird. Dies kann in unveränderter Form als autologes Vollblut oder nach bestimmten Aufbereitungsprozessen geschehen. Die Therapie basiert auf der Hypothese, dass diese Reinjektion das Immunsystem stimuliert, die Selbstheilungskräfte aktiviert und somit bei einer Vielzahl von Erkrankungen therapeutisch wirksam sein kann. Neben der Reinjektion von autologem Vollblut (AVB) sind aus Eigenblut gewonnene Produkte (autologe Blutprodukte) klinisch besonders interessant.

Die Eigenblutbehandlung wird heute vor allem als Methode zur Stärkung des Immunsystems, zur Behandlung von Hauterkrankungen wie Urtikaria (Nesselsucht) und Neurodermitis, zur Linderung von Sehnen- und Gelenkschmerzen, aber auch zur Wundheilung und -behandlung eingesetzt.2

Bestimmte Anwendungen der Eigenbluttherapie sind heute wieder Gegenstand evidenzbasierter medizinischer Forschung. Dabei ist zu beachten, dass der Begriff Eigenbluttherapie sowohl in der Alternativmedizin als auch in der evidenzbasierten (d.h. naturwissenschaftlich begründeten) Medizin verwendet wird, so dass eine klare Abgrenzung der verschiedenen Verfahren notwendig ist.

In diesem Artikel wird die verfügbare Literatur ausgewertet, um einen Überblick über die derzeit gebräuchlichen Methoden der Eigenbluttherapie, ihre Anwendungen und Wirkmechanismen zu geben und die Evidenzlage zu klären, also die Frage, welche wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit der einzelnen Methoden vorliegen.

Arten der Eigenbluttherapie: Von AVB bis PRP

Im Allgemeinen unterscheidet man zwischen verschiedenen Methoden der Eigenbluttherapie, die wichtigsten sind:

  • die klassische (unmodifizierte) Eigenbluttherapie (AVB): Hier wird dem Patienten Blut entnommen und das autologe (d.h. eigene) Vollblut (AVB) dem Patienten unverändert wieder (an anderer Stelle) injiziert.
  • die modifizierte Eigenbluttherapie, dazu gehören: Die Ozontherapie (das Blut wird vor der Reinjektion mit Ozon angereichert) und die UVB-Therapie (Ultraviolett-Blutbestrahlung – das entnommene Blut wird mit UV-Licht bestrahlt und anschließend wieder injiziert).
  • Spezialisierte Eigenbluttherapien: Hier wird das entnommene Blut vor der Reinjektion so behandelt, dass bestimmte Inhaltsstoffe entfernt oder angereichert werden. Dazu gehören z.B. Plättchen-reiches Plasma (PRP), autologes Serum (AS), autologes konditioniertes Serum (ACS).

Alle diese Verfahren sind weithin verfügbar, relativ einfach durchzuführen und kostengünstig. Sie unterscheiden sich jedoch hinsichtlich ihrer potentiellen Wirkmechanismen und der Evidenzlage, und müssen daher differenziert betrachtet werden. Informationen zu den wichtigsten gebräuchlichen Verfahren der Eigenblutbehandlung, ihren Anwendungsmöglichkeiten, Wirkmechanismen und ihrer Evidenzlage sind im Folgenden zusammengefasst bzw. werden in ausführlichen Einzelartikeln beschrieben (Ozontherapie, PRP-Behandlung).

Es ist wichtig, die Eigenbluttherapie von der Eigenbluttransfusion zu unterscheiden, bei der ein Patient nach einem Blutverlust, z.B. durch eine Operation, eine größere Menge seines eigenen (zuvor entnommenen) Blutes erhält. Mit der Eigenbluttransfusion kann also ein zu erwartender Blutverlust ausgeglichen werden, ohne auf Fremdblut zurückgreifen zu müssen; sie wird in diesem Text aber nicht behandelt.

Die Eigenbluttherapie mit unverändertem autologem Vollblut (AVB)

Unter dem Begriff „Eigenbluttherapie mit Vollblut“, auch klassische Eigenbluttherapie genannt, werden verschiedene Verfahren der Injektion von autologem Vollblut (AVB) zusammengefasst. Bei allen werden kleine Mengen (in der Regel bis zu 10 ml) venöses Blut genommen und derselben Person unverändert an einer anderen Stelle wieder zugeführt. Mögliche Injektionsstellen sind: intravenöse Injektion, intramuskuläre Injektion oder lokale Injektion z.B. in Sehnen, Bänder und Gelenke, Bindegewebe, Wunden und Geschwüre. Die Behandlung mit AVB ist vor allem in der Dermatologie, Orthopädie und Augenheilkunde verbreitet.3,4,5

Wirkungsweise der AVB

Der Wirkmechanismus der AVB ist nach wie vor unklar, und es gibt nur wenige Studien zu diesem Thema. Da bei der AVB Blut abgenommen und schnell wieder injiziert wird, sind zwischen diesen Schritten keine signifikanten Veränderungen der Blutzusammensetzung zu erwarten. Natürlich kann allein der physikalische Effekt der Injektion von Blut – neben dem Placebo-Effekt – auch andere Wirkungen haben. So wurde z.B. vermutet, dass die Punktion, ähnlich wie das Einstechen von Nadeln, über physiologische Reaktionswege schmerzlindernd wirken könnte.6 Da dieser Effekt aber nicht auf autologes Blut beschränkt ist, sind entsprechende Kontrollen in den Studien wichtig, um solche Effekte zu minimieren und zu berücksichtigen.

Es wurden jedoch auch biochemische Mechanismen postuliert, um einen therapeutischen Effekt durch die Reinjektion von AVB zu erklären. Einige Autoren vermuten, dass AVB modulierende Effekte auf die Immunfunktion haben könnte, z. B. auf Zytokine, die die Aktivierung von Makrophagen und T-Zell-Subpopulationen induzieren7, und die Patienten möglicherweise gegen auslösende Faktoren einschließlich Autoantikörper desensibilisiert3,8. Staubach et al. (2006) gingen davon aus, dass Anti-Idiotypen induziert werden könnten, was die Funktion der krankheitsauslösenden Antikörper hemmen könnte.8 Keiner der Befunde zu den Effektormechanismen konnte jedoch bestätigt werden, und für die AVB-Therapie konnte bisher kein überzeugender Wirkmechanismus nachgewiesen werden.2

Evidenzlage zur AVB

Auch die Datenlage zur klinischen Wirkung ist eher dünn. Intramuskuläre Injektionen von AVB bei chronischer Urtikaria und Ekzemen zeigten keine oder nur eine geringfügige Wirkung9 und relativ kleine kontrollierte Studien zeigten keine signifikante Veränderung im Vergleich zu Placebo10. Auch in der Orthopädie wurde AVB bei verschiedenen Erkrankungen und Verletzungen untersucht, wobei kein oder nur ein geringer Zusatznutzen gegenüber der Standardtherapie festgestellt wurde.4 Hingegen scheint die Behandlung mit AVB bei rezidivierenden Kiefergelenkverrenkungen und bei der Behandlung der atopischen Dermatitis (Ekzem) wirksam zu sein.7,11 Insgesamt ist die Datenlage jedoch dürftig, und die Studien sind meist verzerrt oder nicht ausreichend leistungsfähig, so dass keine konkreten Schlussfolgerungen gezogen werden können.4

Die modifizierte Eigenbluttherapie

Im Gegensatz zur AVB wird bei der modifizierten Eigenbluttherapie Ozon oder UV-B-Bestrahlung eingesetzt, um das Vollblut zu „modifizieren“, und damit die Wirksamkeit zu erhöhen. Dabei werden in der Regel wesentlich größere Blutmengen (meist zwischen 50 und 500 ml) entnommen, mit Ozon oder UV-B behandelt und anschließend – meist intravenös – reinfundiert.

Ozon-Autohämotherapie

Bei der Ozon-Autohämotherapie wird das Blut nach Einwirkung eines Sauerstoff-Ozon-Gemisches reinfundiert. Die Wirkung beruht im Wesentlichen auf den stark oxidierenden Eigenschaften des Ozons (O3), das ist ein dreiatomiger Sauerstoff (O2). Es wurde in mehreren Studien nachgewiesen, dass der gezielte Einsatz von Ozon effektiv zur Behandlung verschiedener Krankheiten beitragen kann. Weiterführende Informationen zur Ozontherapie finden Sie in dem Artikel „Wirkung und Nutzen der Ozontherapie: Ein umfassender Überblick“.

UV-B-Autohämotherapie

Die UV-B-Autohämotherapie, auch bekannt als UV-Blutbestrahlung (UBI), ist ein Verfahren, das weit weniger angewandt und untersucht wird als die Ozontherapie. Bei der UBI werden bis zu 7% des gesamten Blutvolumens einer Person entnommen und in einem speziellen Gerät mit UV-Strahlung bestrahlt und anschließend wieder zugeführt.12 Die UBI wird derzeit vor allem in Osteuropa und Russland praktiziert und wurde zunächst zur Behandlung von Infektionskrankheiten und später auch von Autoimmun- und Überempfindlichkeitskrankheiten wie Asthma eingesetzt. Für die UBI liegen vor allem in-vitro-Studien vor, die den mutmaßlichen Wirkmechanismus untersuchen. Es gibt jedoch nur sehr wenige klinische Daten zur Wirksamkeit der UBI.4 UBI wurde auch bei der Behandlung von Hepatitis C und Krebs untersucht, aber als unwirksam erachtet.13,14

Spezialisierte Eigenbluttherapien

Bei den spezialisierten Eigenbluttherapien wird entnommenes Blut vor der Reinjektion speziell behandelt, um die therapeutischen Eigenschaften des Blutes durch das Entfernen oder Anreichern bestimmter Inhaltsstoffe zu verbessern. Zu den Methoden gehören unter anderem die Anwendung von plättchenreichem Plasma (PRP), autologem Serum (AS) und autologem konditioniertem Serum (ACS).

Thrombozyten- oder Plättchen-reiches Plasma (PRP)

Thrombozyten- bzw. Plättchen-reiches Plasma (PRP) ist eines der am besten untersuchten und evidenzbasierten Verfahren der Eigenbluttherapie. PRP wird aus nicht geronnenem Blut durch Zentrifugation gewonnen, wobei die Blutzellen nach Größe getrennt werden. Anschließend wird der Teil des Plasmas isoliert, der eine höhere Konzentration an Thrombozyten aufweist als normales Blut. Dieses PRP wird gegebenenfalls noch aktiviert und demselben Patienten wieder injiziert. Die meisten PRP-Zubereitungen enthalten mehr als das Vierfache der ursprünglichen Thrombozytenzahl, was für die klinische Wirkung ausschlaggebend sein könnte.13 Gegenwärtig gibt es viele unterschiedliche PRP-Produkte und Verabreichungsprotokolle, was den Vergleich verschiedener Studien erschwert. Ausführliche Informationen zur PRP-Therapie finden Sie unter „Das eigene Blut als Heilmittel: Die PRP-Behandlung und ihre Versprechen„.

Autologes Serum (AS)

Autologes Serum (AS) enthält keine zellulären Bestandteile und ist einfach herzustellen. Obwohl es viele verschiedene Zubereitungsprotokolle gibt, wird AS meist durch Zentrifugation von Vollblut gewonnen, das zuvor natürlich – d.h. ohne Zugabe von Gerinnungsaktivatoren – geronnen ist. Das klare Serum wird nicht weiterbearbeitet und pur oder verdünnt injiziert.15

Autologes Serum wird aufgrund seiner anti-apoptotischen (den Zelltod verhindernden) und gewebeschützenden Eigenschaften als Mittel zum Schutz oder zur Wiederherstellung von Epithelgeweben in der HNO-Medizin oder der Dermatologie untersucht.4 Es wird vermutet, dass AS, ähnlich wie AVB krankheitsverursachende Antikörper hemmen oder eine Desensibilisierung bewirken. Die Ergebnisse sind jedoch nicht ermutigend.10

In der Augenheilkunde wurde AS untersucht, weil es in seiner Zusammensetzung unserer Tränenflüssigkeit sehr ähnlich ist, aber in großen Mengen relativ einfach hergestellt werden kann. Dies hat AS zu einer vernünftigen Option für die Behandlung von chronischen Erkrankungen des trockenen Auges sowie von Hornhautgeschwüren, der chronischen Graft-versus-Host-Krankheit und des Sjögren-Syndroms gemacht, mit signifikant positiven Ergebnissen.16 Es gibt jedoch Alternativen, die weniger aufwändig herzustellen, nicht invasiv und länger haltbar sind.

Autologes konditioniertes Serum (ACS)

Eine weit verbreitete Variante von autologem Serum ist autologes konditioniertes Serum (ACS). Es wird aus frischem Venenblut durch Zugabe von sterilen Glasperlen und Inkubation (bis zu mehreren Stunden) bei 37 °C gewonnen. Man geht davon aus, dass Blutzellen an den Glasperlen haften bleiben und bestimmte Zellen während der Inkubation große Mengen IL-1Ra (Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist) produzieren, was entzündungshemmend wirkt. Während der Inkubation gerinnt das Blut, wodurch die Konzentration vieler Wachstumsfaktoren und Zytokine ansteigt, ähnlich wie bei aktiviertem PRP. Nach der Inkubation wird das geronnene Blut zentrifugiert und das verbleibende Serum verwendet oder gelagert.17

Es gibt zwar mehrere Verarbeitungsprotokolle, kommerzielle Hersteller und Verabreichungsschemata, doch insgesamt ist der Herstellungsprozess von ACS relativ einheitlich, so dass ein Vergleich verschiedener Studien plausibel ist. ACS wurde umfassend bei Arthritis des Kniegelenks untersucht, sowie bei Sehnenscheidenentzündungen, Bandscheiben- und Muskelproblemen.4,18 Einige Studien zeigen zwar positive Effekte19, doch es gibt nur wenige Daten, die eine echte, langanhaltende Verbesserung belegen, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Placebo-Behandlung ein ähnliches Verbesserungsprofil zeigte.4,20 Vermutlich ist die intraartikuläre Gabe von ACS nur kurzfristig wirksam, weil die Wirkstoffe relativ schnell wieder verschwinden (d.h. aus dem Synovialraum in die Lymphe oder ins Blut diffundieren). Ob eine längere Exposition durchführbar und effektiver ist, muss noch untersucht werden.4,20

Der Interleukin-1-Rezeptor (IL-1) spielt jedoch bei vielen Entzündungsprozessen eine wichtige Rolle. ACS könnte daher auch für die Behandlung vieler noch nicht untersuchter Erkrankungen von Bedeutung sein, von autoinflammatorischen Erkrankungen bis hin zum akuten Koronarsyndrom.4

Vorteile der Eigenbluttherapie aus klinischer Sicht

Die Vorteile der Eigenbluttherapie bzw. ihrer verschiedenen Varianten und das Interesse an ihrer Erforschung und Anwendung liegen auf der Hand: Eigenblut ist eine sich selbst reproduzierende, reichlich vorhandene Ressource – es ist leicht zu beschaffen und eine preiswerte Quelle für wertvolle biologische Verbindungen, die auf andere Art schwer zu reinigen oder herzustellen sind, wie z. B. Wachstumsfaktoren, natürliche entzündungshemmende Substanzen. Die Verwendung körpereigener Substanzen ist sicher, und abgesehen vom Kontaminationsrisiko ist das Risiko von Nebenwirkungen deutlich geringer als bei der Verwendung körperfremder oder künstlicher Substanzen.

Die meisten Behandlungen mit Eigenblutprodukten erfordern weder einen Krankenhausaufenthalt noch eine Anästhesie, bergen ein geringes Komplikationsrisiko und erfordern keine besondere Qualifikation oder Ausbildung des Gesundheitspersonals. Schließlich sind Eigenblutprodukte per definitionem „selbst“ und sollten keine Fremdimmun- oder Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen.4

Risiken und Bedenken im Zusammenhang mit der Therapie

Die Anwendung von Eigenblutprodukten (Autologous Blood Products, ABPs) ist jedoch nicht vollständig ohne Risiken. Neben der Infektionsgefahr durch Kontamination der verwendeten Instrumente oder unsachgemäße Handhabung der Proben sind Hypothermie, freies Hämoglobin und Kaliumüberladung durch hämolytische Präparate sowie die Hemmung der Zellproliferation weitere Risiken.

Zu den besonderen Nachteilen von ABPs gehört die große Variabilität der Präparationsmethoden, Verabreichungswege und Dosierungen. Häufig wird aber auch die grundsätzliche interpersonelle Variabilität solcher Produkte übersehen. Das körpereigene Produkt einer Person kann sich von dem einer anderen deutlich unterscheiden. Diese Unterschiede sowohl des Blutprodukts als auch des Empfängers können zu unterschiedlichen Wirkungen bei ein und derselben Erkrankung führen. Aus all diesen Gründen ist es sehr schwierig, die Wirkung von Eigenblutprodukten nachzuweisen, und dies erfordert aufwändige, kontrollierte und umfangreiche Studien.4

Fazit und Ausblick

Die „bezaubernde“ Vorstellung, dass Blut als „ganz besonderer Saft“ und „Quelle des Lebens“ auch ein Heilmittel sein kann, hat dazu geführt, dass die Eigenbluttherapie als „unwissenschaftlich“ wahrgenommen wird. Bluttherapien werden oft in einem Atemzug mit Alternativ- oder gar Pseudomedizin genannt.

In den letzten Jahren hat das Interesse an Therapien mit Eigenblutprodukten jedoch zugenommen, auch weil die derzeit verfügbaren konventionellen Therapien in vielen Bereichen an ihre Grenzen stoßen. Die Erforschung und Anwendung von Eigenbluttherapien wird auch durch Anreize wie niedrige Kosten, geringes Risiko, einfache Herstellungsverfahren und günstige Auswirkungen auf die Immunfunktion vorangetrieben.

Wie diese Zusammenfassung zeigt, sind einige Verfahren der Eigenbluttherapie (insbesondere die Ozon- und PRP-Therapie) in verschiedenen Bereichen vielversprechend, während die Datenlage bei anderen Verfahren oder Indikationen weniger überzeugend ist. Trotz dieser zum Teil ermutigenden klinischen Ergebnisse sind noch viele weitere gut konzipierte klinische Studien erforderlich, um die Wirksamkeit von Therapien mit Eigenblut vollständig zu belegen und dieser Behandlungsoption den Einzug in die klassische Schulmedizin zu ermöglichen.

Es gibt nur wenige kontrollierte Studien, in denen Eigenblutprodukte mit der besten Standardtherapie und/oder Placebo verglichen werden, und noch weniger Studien, in denen ein Eigenblutprodukt mit einem anderen Produkt für die gleiche Indikation verglichen wird. Darüber hinaus weisen viele Studien in diesem Bereich Einschränkungen auf: kleine Teilnehmerzahlen, das Risiko von Verzerrungen und erhebliche Unterschiede bei der Zubereitung und Verabreichung der Eigenblutprodukte. Aus diesem Grund sind Meta-Analysen und Vergleiche zwischen verschiedenen Produkten selten und oft widersprüchlich.

Erschwerend kommt hinzu, dass die derzeitige Stimmung in der medizinischen und wissenschaftlichen Gemeinschaft gegenüber den meisten Eigenbluttherapien von Ablehnung und Missbilligung geprägt ist. Große, gut konzipierte Studien werden dazu beitragen, diese Haltung zu bestätigen oder zu widerlegen.

Die zukünftige Rolle der Eigenbluttherapie ist ungewiss. Wenn die notwendigen Studien durchgeführt werden, könnten sich solche Therapien als konkurrenzfähige Behandlungsoption für viele Krankheiten erweisen. Die Fortschritte bei der Entwicklung, Synthese und Reinigung von Arzneimitteln, insbesondere von rekombinanten Produkten und monoklonalen Antikörpern, könnten das jedoch in Frage stellen. Wenn die Preise für solche Produkte sinken, könnten sie sich als kosteneffizienter erweisen als Behandlungen mit Eigenblutprodukten.

Quellen anzeigen
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Dr. Markus Numberger, promovierter Neurowissenschaftler und medizinischen Fachautor, spezialisiert auf molekulare Neurobiologie, Komplementär- und Integrativmedizin sowie medizinische Kommunikation. Dr. rer. nat. Markus Numberger
Mit einer beeindruckenden Laufbahn, die ihn unter anderem ins Labor des Medizin-Nobelpreisträgers Bert Sakmann führte, ist Dr. Markus Numberger ein herausragender Experte in molekularer Neurobiologie. Seine wissenschaftliche Neugier und sein tiefgründiges Fachwissen, ergänzt durch Forschungsaufenthalte in den USA und an der Charité Berlin, ermöglichen es ihm, die Komplexität der Komplementär- und Integrativmedizin verständlich zu vermitteln.
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