

Stress ist eine der zentralen gesundheitlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Seit Hans Selyes Einführung des Begriffs in die Medizin in den 1940er Jahren haben sich die Ursachen von Stress erheblich diversifiziert, einschließlich gesellschaftlicher Belastungen und globaler Krisen wie der Covid-19-Pandemie. Dieser Artikel beleuchtet die physiologischen und psychologischen Auswirkungen von Stress und diskutiert evidenzbasierte Ansätze der Komplementär- und Alternativmedizin zur effektiven Bewältigung.
Achtsamkeitsübungen wie Meditation und kontrollierte Atmung können effektiv Stress abbauen und das Wohlbefinden steigern. Foto: Shutterstock
Medizinisch betrachtet ist Stress eine psychophysische Alarmreaktion, die durch eine erhöhte Aktivität des vegetativen Nervensystems und endokriner Organe zu einer vermehrten Ausschüttung von Katecholaminen, zu Blutdrucksteigerungen und anderen physiologischen Reaktionen führt. Als Stress für den Körper gelten Reize wie Infektionen, Verletzungen, Verbrennungen oder Strahleneinwirkung, aber auch Konflikte, Überforderung, Leistungsdruck und andere Stressfaktoren. Die Stressforschung differenziert zwischen Eustress („positiver Stress“) und Distress („negativer, belastender Stress“).
Aus der Hirnforschung weiß man, dass in unserem Gehirn noch die gleichen Strukturen erhalten sind, die einst eine wichtige evolutionsbiologische Adaption des Organismus auf Bedrohungen war. Diese Netzwerke haben über Millionen von Jahren überlebt, weil sie sich im Lauf der Evolution bewährt haben und unser Überleben garantieren: „flüchten oder kämpfen“, lautete die Devise. Obwohl wir heute nicht mehr gegen Säbelzahntiger kämpfen müssen, birgt unser Leben zahlreiche neue Stressquellen, die ähnliche Reaktionen in uns hervorrufen und zu anhaltenden körperlichen und seelischen Belastungen führen können.
Stressbewältigung (Coping) beinhaltet im konventionellen Sinne sowohl kognitive als auch verhaltensbezogene sowie emotionsorientierte und regenerative Copingstrategien.12 Die beiden erstgenannten können in Therapien, aber auch in vielen Coachingformaten erlernt werden. Die wichtigste Frage bei Stress lautet: „Wo liegen die Quellen meiner Stressbelastung?“ Diese kann von einer Vielzahl an Faktoren ausgelöst werden. Äußere Einflüsse sind beispielsweise die Arbeitssituation, finanzielle Umstände, Beziehungsthematiken, Lebensveränderungen oder gesundheitliche Probleme. Innere Einflüsse, meist unbewusste Stressverursacher, sind psychoemotionale Faktoren wie beispielsweise Perfektionismus, negatives Denken, der eigene Selbstwert, aber auch negative Erlebnisse bis hin zu Traumata, die vielleicht bereits vergangen sind, aber dennoch Einfluss auf unser emotionales und damit auch körperliches Wohlbefinden haben. Stressempfinden wird durch eine komplexe Wechselwirkung von externen und internen Faktoren verursacht.
Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Stressoren, abhängig von persönlichen, sozialen und biologischen Faktoren. Das Verständnis der Ursachen von Stressempfinden kann dabei helfen, effektive Bewältigungsstrategien zu entwickeln und das allgemeine Wohlbefinden auf körperlicher, als auch auf seelischer Ebene zu verbessern.
Yoga, Tai Chi und QiGong reduzieren nachweislich Stress.
Ergänzend zur konventionellen Medizin finden sich viele Ansätze und Maßnahmen zur Stressbewältigung vor allem in der Komplementär- und Alternativmedizin (KAM). Das liegt zum einen am wachsenden Interesse an ganzheitlichen und natürlichen Heilmethoden, aber auch an den limitierten Ressourcen der konventionellen Medizin. Stressempfinden ist meistens ein schleichender Prozess, der nicht nur symptomorientiert behandelt werden kann. Der Faktor Zeit, die fehlende Ganzheitlichkeit und limitierte, präventive Maßnahmen führen zu einem wachsenden Bedarf an Alternativen.
Die KAM bietet zahlreiche Ansätze zur Stressbewältigung, deren Evidenz durch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen gestützt wird. Hierzu zählen: Mind-Body-Techniken, die die Interaktion zwischen Geist, Körper und Verhalten verbessern sollen, sowie Ernährung und natürliche Produkte in Form von Nahrungsergänzungsmitteln, Phytotherapeutika und pflanzlichen Adaptogenen. Auf der körperlichen Ebene kommen manuelle Verfahren wie Osteopathie, Chirotherapie und Massagen zum Einsatz, ebenso wie energetische Konzepte wie Akupunktur und Reiki.
Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (Mindfulness-Based Stress Reduction – MBSR) ist ein in den 1970er Jahren von John Kabat-Zinn entwickeltes Trainingsprogramm zur Stressbewältigung. MBSR kombiniert meditative Übungen in Ruhe und Bewegung mit Ansätzen aus der modernen Psychologie und Stressforschung, um effektiv Stress abzubauen und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern. Zahlreiche Studien belegen positive Effekte auf Stress- und psychische Belastungssymptome10, auf Depressionssymptome, sowie eine Verbesserung der Emotionsregulation, der Schlafqualität19 oder körperlicher Symptome wie die Blutdruckregulation7. Meditationsprogramme und achtsamkeitsbasierte Techniken werden auch immer häufiger über mobile Gesundheits-Apps angeboten, teilweise von Krankenkassen gefördert, wodurch Stressreduktion zeit- und ortsunabhängig möglich wird.
Traditionelle Bewegungspraxen aus der östlichen Medizin sind ebenfalls sehr populär. Regelmäßige Yoga-Stunden oder -Retreats werden immer beliebter, und auch Tai Chi und QiGong haben im Westen zunehmend Anhänger gefunden. Metaanalysen belegen, dass alle drei Bewegungspraxen wissenschaftlich fundierte Effekte bei der Stressbewältigung zeigen. Diese Körperübungen kombinieren physische Übungen, Atemtechniken und Meditation, um ganzheitlich gegen Stress vorzugehen.
Yoga besteht aus Körperhaltungen (Asanas), Atemtechniken (Pranayama) sowie Meditation und Achtsamkeitsübungen. Cramer et al. (2018) bestätigten, dass Yoga signifikant zur Reduktion von Stress, Angst und Depression beitragen kann.8
Tai Chi konzentriert sich auf sanfte, fließende Bewegungen, Atmung und Meditationen. Diese langsamen, kontrollierten Bewegungen, die oft in einer bestimmten Abfolge stattfinden, sollen den Energiefluss im Körper fördern. Eine Metaanalyse von Wang et al. (2014) bestätigt auch hier die Reduktion von Angst- und Depressionssymptomen sowie die Verbesserung der Lebensqualität.41
QiGong umfasst sanfte, rhythmische Bewegungen, oft kombiniert mit speziellen Atemmustern und Visualisierungsübungen. Diese Praxis konzentriert sich auf Atmung und Bewegungen und hat sich als wirksam erwiesen, um Angst und Depression zu reduzieren und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern.42
Weitere Mind-Body-Techniken zur Stressbewältigung sind autogenes Training und Biofeedback.
Autogenese Training soll den Körper durch wiederholte Suggestionen in einen Zustand tiefer Entspannung versetzen. Zahlreiche Studien belegen, dass autogenes Training effektiv zur Reduktion von Stress, Angst und psychosomatischen Beschwerden beiträgt. Eine randomisierte kontrollierte Studie von Stetter und Kupper (2002) zeigt signifikante Verbesserungen bei Angst und Stress.38
Beim Biofeedback hingegen werden physiologische Funktionen gemessen wie Herzfrequenz, Hautleitfähigkeit, Muskelspannung und Atemfrequenz und an den Patienten mit technischen, oft elektronischen Hilfsmitteln in Echtzeit zurückgemeldet. Das direkte Feedback soll die Selbstregulation zu fördern. Die Wirksamkeit von Biofeedback-Interventionen bei der Reduktion von Stress, Angst und Depression zeigen konsistente Effekte bei verschiedenen psychologischen und physiologischen Stressindikatoren.24
Ungesunde Ernährungsgewohnheiten, entzündungsfördernde Kost und ein hoher Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel tragen zu Vitamin- und Mikronährstoffdefiziten bei und erhöhen somit die Anfälligkeit für stressbedingte Symptome.17 Regelmäßige Mahlzeiten, eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Wasser sind essenziell. Zusätzlich können gezielte Ernährungstipps sowie die Einnahme von Vitaminen, Mikronährstoffen, Fettsäuren und Antioxidantien die Stressbelastung mindern und die Lebensqualität verbessern. Der Verzehr komplexer, langkettiger Kohlenhydrate wie Vollkornprodukte, Haferflocken, Quinoa und brauner Reis hilft zudem den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren und fördert die Serotoninproduktion, ein Hormon, das die Stimmung hebt.
Omega-3-Fettsäuren, insbesondere EPA und DHA, haben entzündungshemmende Eigenschaften und unterstützen die Gehirnfunktion. Mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren können den Cortisolspiegel während Stress senken und die Reparaturmechanismen in der Erholungsphase beschleunigen. Dies kann den Alterungsprozess verlangsamen und das Depressionsrisiko verringern.26 Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Omega-3-Fettsäuren Symptome von Stress, Angst und Depression reduzieren können.16,27,39 Omega-3-Fettsäuren können sowohl aus der Nahrung (z.B. fettem Fisch wie Lachs, Makrele, Hering, Walnüssen, Leinsamen) als auch durch Nahrungsergänzungsmittel (z.B. Fischölkapseln, Algenöl) aufgenommen werden.
Antioxidantien wirken gegen „Zellstress“, indem sie Zellschäden reduzieren und vor den schädlichen Auswirkungen freier Radikale schützen. Sie bewahren Zellen und Gewebe vor oxidativem Stress, der durch körperlichen und psychischen Stress entsteht und zu schädlichen Veränderungen im Stoffwechsel führt, die Membranen, Lipide, Proteine, Lipoproteine und DNA negativ beeinflussen können.31 Oxidativer Stress kann das Immunsystem schwächen, Alterungsprozesse beschleunigen und neurodegenerative Erkrankungen fördern. Antioxidantien kommen in vielen Lebensmitteln natürlich vor, wie in Obst und Gemüse (z.B. Beeren, Zitrusfrüchte, grünes Blattgemüse, Nüsse). Sie können auch in Form von Nahrungsergänzungsmitteln (z.B. Vitamin C-, Vitamin E-Präparate, Selen-Tabletten) eingenommen werden.
Magnesium wirkt als natürliches Muskelrelaxans und kann helfen Muskelverspannungen zu reduzieren. Es reguliert das Nervensystem und senkt die Erregbarkeit von Nervenzellen. Magnesium verbessert die Schlafqualität, reduziert die psychologischen Auswirkungen von Stress und steigert das allgemeine Wohlbefinden. Ein niedriger Magnesiumstatus geht oft mit psychischem Stress einher, da Stress den Magnesiumverlust erhöhen kann, was wiederum die Stressanfälligkeit des Körpers verstärkt.29 Magnesium ist in vielen Lebensmitteln wie grünem Blattgemüse, Nüssen, Samen, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten enthalten.
B-Vitamine, insbesondere B6, B12 und Folsäure (B9), sind für die Gehirnfunktion wichtig und an der Produktion von Neurotransmittern beteiligt, die für die Signalübertragung zwischen Nervenzellen unerlässlich sind. B-Vitamine helfen, die Produktion von Stresshormonen zu regulieren und unterstützen die Funktion des Nervensystems, was zur Stressbewältigung beiträgt. Forschungsergebnisse zeigen, dass B-Vitamin-Ergänzungen den Stresslevel senken und die Stimmung sowie das psychische Wohlbefinden verbessern können.44 B-Vitamine sind in einer Vielzahl von Lebensmitteln wie Fleisch, Eiern, Milchprodukten, Vollkornprodukten, Gemüse und Hülsenfrüchten enthalten. Sie sind auch in multivitaminhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln oder speziellen B-Vitamin-Komplexpräparaten erhältlich.
Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel wächst rasant. Allein in Deutschland wurden im vergangenen Jahr rund 1,78 Milliarden Euro umgesetzt, was einem Anstieg von 4,8 Prozent entspricht.40 Es ist wichtig, Nahrungsergänzungsmittel nur bei Bedarf und idealerweise nach Rücksprache mit einem Arzt oder Ernährungsberater einzunehmen, um eine Überdosierung oder unerwünschte Wechselwirkungen zu vermeiden.
Die Darmflora, auch Mikrobiom genannt, wird stark durch unsere Ernährungsgewohnheiten beeinflusst. Sie steht in engem Zusammenhang mit der Gehirnfunktion und dem emotionalen Wohlbefinden. Sowohl die Zusammensetzung der Bakterien als auch die Verbindung der Darm-Hirn-Achse spielen eine wichtige Rolle bei der Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin, Dopamin und Gamma-Aminobuttersäure (GABA), die Einfluss auf Stimmung und Verhalten haben. Veränderungen im Darmmikrobiom können daher die psychische Gesundheit beeinflussen und werden mit Erkrankungen wie Angst, Depression und Autismus-Spektrum-Störungen in Verbindung gebracht.9
Einige Studien zeigen, dass bestimmte Probiotika positive Effekte auf das psychische Wohlbefinden über die Darm-Hirn-Achse haben, insbesondere bei der Linderung von depressiven Symptomen, Ängstlichkeit und Stress.15,30,33,43 Probiotika sind in Lebensmitteln enthalten, die lebende Mikroorganismen wie Lactobacillus, Bifidobacterium und Escherichia coli bieten. Diese probiotischen Eigenschaften finden sich häufig in fermentierten Lebensmitteln wie Joghurt, Kefir, Sauerkraut, Kimchi, Miso und Tempeh.
Pflanzenextrakte, auch Phytotherapeutika genannt, werden häufig bei stressbedingten Symptomen eingesetzt. Zu den am häufigsten verwendeten gehören:
Ashwagandha, auch als „Schlafbeere“ bekannt, ist ein natürliches Adaptogen, das traditionell in der ayurvedischen Medizin verwendet wird. Adaptogene sind pflanzliche Wirkstoffe, die die Anpassung an Stresssituationen unterstützen. Der genaue Wirkmechanismus ist bisher nicht vollständig geklärt, aber es wird angenommen, dass Ashwagandha die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA) und das sympathische Nervensystem reguliert, was sich positiv auf die Stressreaktion auswirkt.28 Studien zeigen, dass Ashwagandha helfen kann, Angst und Stress zu reduzieren, den Cortisolspiegel auszugleichen und die Schlafqualität zu verbessern.1,25
Stress führt häufig zu Anspannungszuständen, die muskuläre Dysbalancen, Verspannungen und Schmerzsyndrome verursachen können. Dabei aktiviert Stress das sympathische Nervensystem, was zu erhöhter Muskelspannung und einer verstärkten Schmerzwahrnehmung durch zentrale Sensibilisierung führt. Stress macht das Nervensystem zudem empfindlicher für Schmerzreize.
Einfache manuelle Therapieverfahren wie Massagen können helfen, Muskelverspannungen zu lösen, die Durchblutung zu verbessern und Entspannung zu fördern. Massagen senken den Cortisolspiegel und erhöhen die Produktion von Serotonin und Dopamin.14
Die Chiropraktik konzentriert sich auf die Diagnose, Behandlung und Prävention von Störungen des muskuloskelettalen Systems, insbesondere der Wirbelsäule. Durch gezielte Manipulationen, Mobilisationen und Weichteiltechniken korrigiert sie Fehlstellungen, verbessert die Beweglichkeit des Bewegungsapparates, lindert Schmerzen und optimiert die Funktion des Nervensystems.
Osteopathie, eine sanftere Methode, betrachtet den Körper als Einheit von Körper, Geist und Seele. Bei der Stressbewältigung kann Osteopathie durch Lösen von körperlichen Spannungen und Unterstützung der Selbstregulationsmechanismen des Körpers helfen. Eingesetzt werden Techniken wie myofasziale, kraniosakrale und viszerale Methoden. Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse hinsichtlich eines positiven Einflusses auf das vegetative Nervensystem sowie auf Ängste, Angstvermeidung und Lebensqualität.4,34 Die meisten Studien sind jedoch klein und weisen methodologische Mängel auf. Zudem erschwert die Vielfalt der osteopathischen Techniken und der behandelten Patientengruppen die Vergleichbarkeit und Generalisierbarkeit der Ergebnisse.
Akupunktur ist ein alternatives Heilverfahren aus der traditionellen chinesischen Medizin (TCM), bei dem feine Nadeln an speziellen Punkten in die Haut gestochen werden, die sogenannten „Meridiane“ oder „Energiebahnen“. Durch diese Meridiane fließt das sogenannte Qi – die Lebensenergie. Bei einer Störung dieses Energieflusses kann es zu verschiedenen Erkrankungen kommen. Die Wirkweise der Akupunktur wird mit der Freisetzung von Endorphinen und anderen Neurotransmittern im Gehirn und Rückenmark erklärt, wodurch Schmerzen gelindert und Stress reduziert werden kann. Akupunktur beeinflusst auch das vegetative Nervensystem. Durch die Stimulation bestimmter Punkte kann sie die Aktivität des sympathischen Nervensystems (das den „Kampf-oder-Flucht“-Modus steuert) reduzieren und das parasympathische Nervensystem (das den „Ruhe-und-Verdauungs“-Modus steuert) aktivieren, was zu einer Verringerung von Stress und Angst führt. Akupunktur fördert die Durchblutung und kann entzündungshemmende Prozesse anregen. Die Kombination aus physiologischen, neurochemischen und psychologischen Mechanismen erklärt die positiven Effekte der Akupunktur. Studien zeigen, dass Akupunktur Angst- und Stresssymptome signifikant reduziert und auch bei stressbedingter Schlaflosigkeit hilft.3,11,13
Reiki ist eine Form der Energieheilung, bei der Praktizierende die Hände leicht auf oder über den Körper des Empfängers halten, um „Lebensenergie“ zu kanalisieren und das natürliche Heilungspotenzial zu fördern. Reiki kann Stress reduzieren und führt häufig zu subjektivem Wohlbefinden und tiefer Entspannung. Es gibt einige kleinere Studien, die die Wirksamkeit von Reiki bei der Stressbewältigung nahelegen, jedoch ist die Evidenz aufgrund methodologischer Mängel wie geringer Stichprobengröße, Variabilität der Techniken und fehlender Placebo-Kontrollen schwach.32,37 Daher sollte die Wirksamkeit von Reiki bei der Stressbewältigung mit Vorsicht interpretiert werden.
Zahlreiche Studien unterstreichen die Wirksamkeit von Ansätzen der Komplementär- und Alternativmedizin (KAM) bei stressbezogenen Symptomen und zur Stressbewältigung. Allerdings gibt es hier viele Herausforderungen in der Evidenz und Interpretation dieser Ergebnisse. Zum einen ist Stress sehr individuell und wird subjektiv wahrgenommen. Nur wenige Stressfaktoren sind objektiv messbar und das Spektrum stressbezogener Symptome ist sehr groß. Viele KAM-Studien leiden unter methodologischen Mängeln, wie fehlender Randomisierung, Schwierigkeiten in der Verblindung und kleiner Stichprobengrößen. Aber auch die große Vielfalt in den Techniken und Anwendungsweisen, Dosierungen und Studienpopulationen erschweren die Vergleichbarkeit und Generalisierbarkeit der Ergebnisse – insbesondere bei Verfahren auf energetischer Basis oder wo die Wirkmechanismen noch nicht vollständig verstanden sind. Dies betrifft sowohl klinische Studien als auch systematische Reviews und Metaanalysen. Auch muss der Placeboeffekt in vielen KAM-Verfahren bedacht werden. Um die Wirkmechanismen von KAM-Interventionen besser zu verstehen, kann zudem die Einbeziehung verschiedener Disziplinen (z.B. Psychologie, Neurowissenschaften etc.) helfen. Trotzdem gibt es eine wachsende Anzahl an Studien, die die Wirksamkeit untermauern. Die Studienergebnisse dienen in jedem Fall als Orientierung für Interventionen, die als Ergänzung zu konventionellen Ansätzen stehen können.
Stressbewältigung beginnt mit einem gesunden Lebensstil, der grundlegende Elemente wie eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, ausreichende Ruhe- und Entspannungszeiten sowie ein psychoemotionales Gleichgewicht umfasst. Eine vitamin- und nährstoffreiche Ernährung liefert wichtige körperliche Grundbausteine, deren Bedarf bei Stress sogar erhöht sein kann. Ein Bewusstsein für die eigenen Ressourcen hilft, Stressoren und persönliche Grenzen rechtzeitig zu erkennen.
Wenn die Anforderungen des Alltags steigen und das Stressniveau zunimmt, können Phytotherapeutika, pflanzliche Adaptogene und Nahrungsergänzungsmittel den Körper in Belastungsphasen unterstützen. Auch regelmäßige Achtsamkeitspraxis – sei es als fester Termin oder in Form von Retreats – kann hilfreich sein. Therapeutische Unterstützung durch komplementärmedizinisch orientierte Ärzte, Psychotherapeuten, Coaches, Heilpraktiker und Osteopathen kann dabei helfen, die unterschiedlichen Stressfaktoren zu identifizieren und individuelle Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
Stress kann zu zahlreichen ernstzunehmenden gesundheitlichen Probleme führen, die sowohl körperliche als auch psychosoziale Folgen haben können. Die Limitationen der konventionellen Medizin und der Wunsch nach einer ganzheitlichen Betrachtung führen häufig zu Ansätzen der Komplementär- und Alternativmedizin.
Die Komplementär- und Alternativmedizin bietet zahlreiche natürliche, sanfte und ganzheitliche Ansätze und Möglichkeiten im Umgang mit Stress, die auch in Ergänzung zur konventionellen Medizin hilfreich sein können. Wege aus dem Stress führen meistens über ein komplexes Verständnis von Körper, Geist und Seele wie es auch aus der Mind-Body-Medizin bekannt ist. Einige wissenschaftliche Studien bieten hierzu gute Orientierung, wenngleich auch zukünftig weitere valide klinische Studien sinnvoll sind, um die komplementär- und alternativmedizinischen Interventionen in ihrer Evidenz zu untermauern und vergleichbarer zu machen.