Kann die Senegawurzel bei Demenz helfen? Eine evidenzbasierte Analyse

Die Senegawurzel gilt als Hoffnungsträger in der Behandlung von Alzheimer. Studien zeigen, dass die Heilpflanze entzündungshemmend und neuroregenerativ wirken könnte. Doch wie groß ist ihr tatsächliches Potenzial – und wo liegen die Grenzen? Ein Überblick über aktuelle Erkenntnisse.

Getrocknete Senegawurzel in einer roten Schale auf einem Holztisch vor grünem Hintergrund. Die Senegawurzel, bekannt für ihre möglichen entzündungshemmenden und neuroregenerativen Eigenschaften, wird in der Behandlung von Demenz untersucht.

Die Senegawurzel, ein traditionelles Heilmittel, könnte vielversprechende Effekte auf neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer haben. Foto: Shutterstock

Neue Ansätze bei Alzheimer: Was die Senegawurzel leisten kann

Die Senegawurzel (Polygala tenuifolia) wird seit Jahrhunderten in der traditionellen asiatischen Medizin geschätzt. Sie wird vor allem bei Schlafstörungen, Erschöpfung und neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer eingesetzt. Ihre Wirkung wird den enthaltenen Wirkstoffen zugeschrieben, darunter Glykoside, Alkaloide, Öle und Harze. Besonders die Saponine gelten als Hauptwirkstoffe und stehen im Fokus der Forschung.

Neuere präklinische Studien legen nahe, dass Saponine entzündungshemmende, antioxidative und neuroregenerative Eigenschaften besitzen könnten. Doch wie genau wirken diese Stoffe auf das Gehirn? Eine im Juli 2024 in der Fachzeitschrift Frontiers in Pharmacology veröffentlichte Übersichtsarbeit fasst experimentelle und klinische Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Senegawurzel bei Demenz zusammen.1

Saponine im Fokus: Mechanismen der Senegawurzel bei Demenz

Die Autoren der Übersichtsarbeit analysierten präklinische Studien, die sich auf die Saponine der Senegawurzel – darunter Tenuigenin, Polygalasaponin, Tenuifolin und Onjisaponin – konzentrierten. Zusätzlich wurden klinische Studien ausgewertet, in denen die Wirkung von Tenuigenin in Kombination mit dem Alzheimer-Medikament Memantin untersucht wurde.

1. Präklinische Daten

Die Ergebnisse der präklinischen Studien zeigen, dass die Saponine der Senegawurzel verschiedene Mechanismen im Gehirn unterstützen könnten, die bei der Behandlung von Alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen relevant sind:

  • Reduktion schädlicher Ablagerungen: Saponine könnten die Bildung von β-Amyloid-Plaques und die Phosphorylierung von Tau-Proteinen verringern. Diese Ablagerungen gelten als Hauptursachen für Nervenschäden bei Alzheimer.
  • Verbesserung des cholinergen Systems: Durch die Hemmung des Enzyms Acetylcholinesterase, das den Neurotransmitter Acetylcholin abbaut, könnte der Acetylcholin-Spiegel erhöht werden. Dies ist entscheidend für Gedächtnis und Lernprozesse.
  • Förderung der Gehirnregeneration: Saponine könnten die Bildung neuer Nervenzellen (Neurogenese) und die synaptische Plastizität fördern. Diese Prozesse werden durch die Regulation von Nervenwachstumsfaktoren wie BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor) gesteuert.

Diese Mechanismen werden auch in der konventionellen Alzheimer-Therapie als vielversprechende Ansätze betrachtet und teilweise bereits genutzt.

2. Klinische Daten

Bisher gibt es nur wenige klinische Studien, die die Wirksamkeit der Saponine der Senegawurzel beim Menschen untersucht haben. Zwei Studien, an denen 152 beziehungsweise 93 Alzheimer-Patienten teilnahmen, lieferten jedoch vielversprechende Ergebnisse. In beiden Fällen wurde eine 12-wöchige Behandlung mit einer Kombination aus Tenuigenin, β-Asaron und Memantin durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Verbesserung der kognitiven Funktionen und der Ergebnisse gängiger Demenztests. Auch die Alltagskompetenz und Verhaltenssymptome der Patienten verbesserten sich, wobei die Behandlung gut verträglich war.

Fazit

Die Senegawurzel bietet vielversprechende Ansätze für die Behandlung von Demenz, vor allem durch die Wirkmechanismen ihrer Saponine. Klinische Studien zeigen, dass eine Kombination mit etablierten Medikamenten wie Memantin die kognitiven Funktionen verbessern kann. Dennoch bleibt die Evidenz begrenzt, da die meisten Erkenntnisse bisher aus präklinischen Untersuchungen stammen. Herausforderungen wie die geringe Bioverfügbarkeit der Saponine und potenzielle Nebenwirkungen machen weitere Forschung notwendig, bevor ein breiter Einsatz in der klinischen Praxis möglich ist.

Quellen anzeigen
  1. Li S, Hou Z, Ye T, Song X, Hu X, Chen J. Saponin components in Polygala tenuifolia as potential candidate drugs for treating dementia. Frontiers in Pharmacology. 2024 Jul 10;15:1431894.
Dr. Markus Numberger, promovierter Neurowissenschaftler und medizinischen Fachautor, spezialisiert auf molekulare Neurobiologie, Komplementär- und Integrativmedizin sowie medizinische Kommunikation. Dr. rer. nat. Markus Numberger
Mit einer beeindruckenden Laufbahn, die ihn unter anderem ins Labor des Medizin-Nobelpreisträgers Bert Sakmann führte, ist Dr. Markus Numberger ein herausragender Experte in molekularer Neurobiologie. Seine wissenschaftliche Neugier und sein tiefgründiges Fachwissen, ergänzt durch Forschungsaufenthalte in den USA und an der Charité Berlin, ermöglichen es ihm, die Komplexität der Komplementär- und Integrativmedizin verständlich zu vermitteln.
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