Schadet Fischöl Ihrem Herz? Eine neue Studie klärt auf
Fischöl-Supplemente, weithin bekannt für ihre positiven Effekte auf die Herzgesundheit, könnten laut einer neuen Studie im British Medical Journal unerwartete Risiken bergen. Was bedeutet das für die vielen Menschen, die regelmäßig zu diesen Supplementen greifen?
Fischöl und Herzgesundheit: Welche Rolle spielt es wirklich?
Fischöl-Supplemente sind reich an Omega-3-Fettsäuren, insbesondere Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA), und werden häufig zur Förderung der Herzgesundheit empfohlen. Angesichts der weit verbreiteten Nutzung von Fischöl untersuchte ein internationales Forscherteam, ob der regelmäßige Konsum dieser Nahrungsergänzungsmittel potenzielle Gesundheitsrisiken mit sich bringen könnte.
Ziel dieser umfangreichen Studie, die im März 2024 im British Medical Journal (BMJ) veröffentlicht wurde, war es, die Auswirkungen von Fischölergänzungsmitteln auf den klinischen Verlauf von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das Auftreten schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse und die Gesamtmortalität zu untersuchen.1 Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit sowie die zugrundeliegende Methodik zusammengefasst.
Studienmethodik
Die prospektive Kohortenstudie umfasste über 400.000 Erwachsene (Alter 40-69) aus der UK-Biobank Study, die über einen Zeitraum von elf Jahren beobachtet wurden. Die Teilnehmer füllten detaillierte Fragebögen zu ihrer Ernährung und der Nutzung von Nahrungsergänzungsmitteln aus. Gesundheitsdaten wurden regelmäßig erhoben, um das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen relevanten Gesundheitsproblemen zu dokumentieren.
In der vorliegenden Studie wurde der Einfluss der regelmäßigen Einnahme von Fischölergänzungsmitteln auf das Fortschreiten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht, und zwar vom gesunden Zustand (1. Stadium) über Vorhofflimmern (2. Stadium) und schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse (3. Stadium) bis hin zum Tod (Endstadium).
Ergebnisse im Überblick: Wie Fischöl Herz-Kreislauf-Erkrankungen beeinflusst
In der Studie gaben 31,5 % der Teilnehmer (130.365 Personen) an, regelmäßig Fischölpräparate zu verwenden. Diese Gruppe bestand überwiegend aus älteren Menschen und Frauen. Sie wiesen zudem einen höheren Alkoholkonsum sowie einen höheren Verzehr von fettem und nicht-fettem Fisch auf, während der Anteil an Rauchern und sozial benachteiligten Personen niedriger war.
Die Studie zeigte, dass die regelmäßige Einnahme von Fischölpräparaten je nach Gesundheitszustand unterschiedliche Auswirkungen auf das Fortschreiten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben kann. Bei gesunden Personen, die keine bekannten kardiovaskulären Erkrankungen hatten, erhöhte der regelmäßige Konsum von Fischöl das Risiko für Vorhofflimmern um 13 % (p < 0,001). Bei Personen, die bereits an Vorhofflimmern litten, schien die Einnahme von Fischöl hingegen entweder schützend zu wirken oder keinen Einfluss auf den Übergang in schwerere Krankheitsstadien zu haben.
Als die schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignisse in spezifische Erkrankungen unterteilt wurden – nämlich Herzinsuffizienz, Schlaganfall und Herzinfarkt – ergaben sich folgende differenzierte Ergebnisse:
- Übergang von gesund zu Schlaganfall: Fischöl könnte leicht schädlich sein, mit einer Hazard Ratio (HR) von 1,05 und einem Konfidenzintervall (KI) von 1,00 bis 1,11.
- Übergang von gesund zu Herzinsuffizienz: Hier zeigt Fischöl eine potenziell vorteilhafte Wirkung, mit einer HR von 0,92 und einem KI von 0,86 bis 0,98.
- Übergang von Vorhofflimmern zu Herzinfarkt: In diesem Fall könnte Fischöl vorteilhaft wirken, mit einer HR von 0,85 und einem KI von 0,76 bis 0,96.
- Übergang von Vorhofflimmern zu Tod: Auch hier könnte Fischöl vorteilhaft sein, mit einer HR von 0,88 und einem KI von 0,81 bis 0,95.
- Übergang von Herzinsuffizienz zu Tod: Fischöl könnte einen vorteilhaften Effekt haben, mit einer HR von 0,91 und einem KI von 0,84 bis 0,99.
Weitere eingehende Analysen ergaben, dass Alter, Geschlecht, Rauchen, Verzehr von nicht fettem Fisch, Bluthochdruck und die Einnahme von Statinen und blutdrucksenkenden Medikamenten die beobachteten Zusammenhänge veränderten.
Fazit: Was bedeutet das für den täglichen Konsum von Fischöl?
Die Ergebnisse dieser groß angelegten Kohortenstudie deuten darauf hin, dass der tägliche Verzehr von Fischöl-Supplementen – zumindest bei herzgesunden Personen – auch gewisse Gesundheitsrisiken mit sich bringen könnte. Die regelmäßige Einnahme von Fischöl-Ergänzungsmitteln könnte bei gesunden Personen das Risiko für Vorhofflimmern und Schlaganfall leicht erhöhen, könnte sich aber positiv auf das Fortschreiten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auswirken. Diese Ergebnisse sind nicht einfach zu interpretieren und werfen Fragen auf. Auf jeden Fall legen sie eine differenzierte Betrachtung der Anwendung und der Sicherheit eines regelmäßigen Konsums von Fischöl-Präparaten nahe.
Die Studie basiert auf selbstberichteten Daten zur Nutzung der Fischöl-Supplemente, was zu Verzerrungen führen kann. Zudem handelt es sich um eine Beobachtungsstudie, sodass Kausalzusammenhänge nicht zweifelsfrei festgestellt werden können.
Weiterführender Artikel
Neben möglichen Auswirkungen auf die Herzgesundheit wird auch der Einfluss von Fischöl auf die Gehirnfunktion untersucht. Eine neue Studie beleuchtet, ob Omega-3-Fettsäuren das Fortschreiten von Alzheimer verlangsamen können. Erfahren Sie mehr über die Fischöl-Wirkung bei Alzheimer.
- Chen G, Qian ZM, Zhang J, et al. Regular use of fish oil supplements and course of cardiovascular diseases: prospective cohort study. BMJ Medicine. 2024 May 21;3(1):e000451.