Biofeedback bei Kindern: Ein effektiver Weg zur Angstbewältigung

Etwa 15 % der Kinder und Jugendlichen sind von psychischen Problemen wie Ängsten und Depressionen betroffen, verursacht durch genetische Faktoren, chronische Erkrankungen, familiäre Konflikte und andere Faktoren wie Mobbing und Traumata. Derartige Erfahrungen in der Kindheit haben nicht nur das Potenzial, Angststörungen zu begründen, sondern können auch den Grundstein für mögliche physische und psychische Gesundheitsprobleme im späteren Erwachsenenalter legen. In diesem Kontext zeigen sich Biofeedback-Verfahren als effektive Methode zur Linderung von Angstsymptomen bei Kindern.

Kind bei einer EEG-Neurofeedback-Sitzung mit Therapeutin.

Kind bei einer EEG-Neurofeedback-Sitzung unter Aufsicht einer Fachkraft. Foto: Shutterstock

Biofeedback in der Pädiatrie

Pharmakotherapie und traditionelle Psychotherapien wie kognitive Verhaltenstherapie können bei der Behandlung psychischer Probleme hilfreich sein. Insbesondere im pädiatrischen Bereich werden jedoch neben diesen traditionellen Ansätzen zur Behandlung psychischer Probleme zunehmend Biofeedback-basierte Interventionen eingesetzt.1,6 Biofeedback-Interventionen sind sehr vielversprechend, um Angst und Stress zu reduzieren.4 Sie sind kostengünstig, können von Kindern auch zu Hause durchgeführt werden und haben wenige Nebenwirkungen.1,9

Es gibt verschiedene Parameter, die als Feedbacksignale für Biofeedback verwendet werden können, einschließlich Atmung, Temperatur, elektrodermale Reaktion (EDR), Elektroenzephalographie (EEG), Elektromyographie (EMG) und Herzfrequenzvariabilität (HRV). Insbesondere die HRV, d. h. die Messung der Variation der Dauer zwischen zwei Herzschlägen, ist eine der am häufigsten verwendeten Biofeedbackmethoden zur Behandlung psychischer Symptome.10,11 Eine niedrige HRV wurde mit verschiedenen psychopathologischen Zuständen in Verbindung gebracht, darunter Angst. Durch HRV-Biofeedback mit Entspannungstraining soll der Patient lernen, seine Herzfunktion bis zu einem gewissen Grad zu regulieren, was die Angstwerte senkt.8

Neue Metaanalyse zeigt: Biofeedback lindert Angststörungen bei Kindern effektiv

Es gibt nur wenige Übersichtsarbeiten darüber, ob und welche Biofeedback-Verfahren bei pädiatrischen Patienten wirksam sind. Daher veröffentlichten Umaç und Semerci 2023 eine systematische Metaanalyse von Biofeedback-basierten Verfahren bei Kindern.12 Diese umfasste neun Studien mit einer Gesamtstichprobe von 658 Kindern, in denen EEG-, EMG- und HRV-Biofeedback zur Behandlung von Angstsymptomen eingesetzt wurde. Die Autoren führten die Metaanalyse getrennt für kontrollierte und unkontrollierte Studien und für die Art des Biofeedbacks (HRV, EEG, EMG) durch.

Während einige Studien speziell Kinder mit Ängsten untersuchten, untersuchten andere Studien auch Ängste bei Kindern mit verschiedenen medizinischen Bedingungen (z.B. Spannungskopfschmerz bei Jugendlichen, Autismus-Spektrum-Störung) und verwendeten unterschiedliche Messinstrumente. Dennoch fanden die Autoren nur eine geringe Heterogenität zwischen den Studien, was darauf hindeutet, dass es keinen signifikanten Unterschied für die Ergebnisse macht, welche Begleiterkrankung vorliegt oder welche Messmethode verwendet wird.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse dieser Metaanalyse, dass insbesondere HRV-Biofeedback-basierte Spiele einen statistisch signifikanten mittleren bis großen Effekt bei der Behandlung von Angststörungen bei Kindern haben und bei verschiedenen Begleiterkrankungen gleichermaßen wirksam zu sein scheinen. Die Ergebnisse stimmen mit früheren Übersichtsarbeiten überein2,3,5,11 und unterstützen frühere Befunde, dass Biofeedbacktechniken das Wohlbefinden verbessern, indem sie Angstwerte reduzieren. Die Ergebnisse zeigen, dass die Vorteile biofeedbackbasierter Interventionen auch in der klinischen Praxis zu besseren Ergebnissen führen können.

Der Ruf nach weiterer Forschung

Aufgrund der geringen Anzahl an Studien konnten jedoch keine detaillierteren Analysen durchgeführt werden. Weitere Studien sind daher notwendig, um individuellere Behandlungsschemata zu entwickeln. Außerdem sind die Ergebnisse dieser Studie auf die Wirkung von Biofeedback auf Ängste beschränkt. Die Autoren empfehlen daher, dass zukünftige Studien die Wirksamkeit von Biofeedback bei anderen psychischen Problemen bei Kindern untersuchen sollten.

In Anbetracht der Tatsache, dass Kinder und Jugendliche häufig Videospiele nutzen, kann davon ausgegangen werden, dass diese Form der Technologie die Reduktion psychischer Symptome bei Kindern und Jugendlichen erleichtert. Der Einsatz von Biofeedback-basierten Spielen könnte daher besonders nützlich sein, um Kindern zu helfen, ihre Emotionen besser zu regulieren. Weitere Studien wären sinnvoll, um die verschiedenen Formen von Biofeedback zu evaluieren.

Für eine tiefergehende Betrachtung zum Thema Biofeedback, einschließlich der Methoden, Anwendungen und Wirkungen, verweisen wir Sie auf unseren ausführlichen Hauptartikel. Zusätzlich empfehlen wir Ihnen unseren speziellen Artikel zur Anwendung von Biofeedback bei Migräne.

Quellen anzeigen
  1. Agbayani, C. G., Fortier, M. A., & Kain, Z. N. (2020). Non-pharmacological methods of reducing perioperative anxiety in children. BJA Education, 20(12), 424–430.
  2. Alneyadi, M., Drissi, N., Almeqbaali, M., & Ouhbi, S. (2021). Biofeedback-Based Connected Mental Health Interventions for Anxiety: Systematic Literature Review. JMIR mHealth and uHealth, 9(4), e26038.
  3. Dormal, V., Vermeulen, N., & Mejias, S. (2021). Is heart rate variability biofeedback useful in children and adolescents? A systematic review. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 62(12), 1379–1390.
  4. Goessl, V. C., Curtiss, J. E., & Hofmann, S. G. (2017). The effect of heart rate variability biofeedback training on stress and anxiety: A meta-analysis. Psychological Medicine, 47(15), 2578–2586.
  5. Kothgassner, O. D., Goreis, A., Bauda, I., Ziegenaus, A., Glenk, L. M., & Felnhofer, A. (2022). Virtual reality biofeedback interventions for treating anxiety. Wiener Klinische Wochenschrift, 134(1), 49–59.
  6. Mathias, E. G., Pai, M. S., Guddattu, V., & Bramhagen, A. C. (2022). Non-pharmacological interventions to reduce anxiety among children undergoing surgery: A systematic review. Journal of Child Health Care.
  7. Nelson, C. A., Bhutta, Z. A., Burke Harris, N., Danese, A., & Samara, M. (2020). Adversity in childhood is linked to mental and physical health throughout life. BMJ, 371, m3048.
  8. Siepmann, M., Weidner, K., Petrowski, K., & Siepmann, T. (2022). Heart Rate Variability: A Measure of Cardiovascular Health and Possible Therapeutic Target in Dysautonomic Mental and Neurological Disorders. Applied Psychophysiology and Biofeedback, 47(4), 273–287.
  9. Slavikova, M., Sekaninova, N., Bona, O. L., Visnovcova, Z., & Tonhajzerova, I. (2020). Biofeedback – A Promising Non Pharmacological Tool of Stress – Related Disorders. Acta Medica Martiniana, 20(1), 1–8.
  10. Thabrew, H., Ruppeldt, P., & Sollers, J. J. (2018). Systematic Review of Biofeedback Interventions for Addressing Anxiety and Depression in Children and Adolescents with Long-Term Physical Conditions. Applied Psychophysiology and Biofeedback, 43(3), 179–192.
  11. Thabrew, H., Stasiak, K., Kumar, H., Naseem, T., Frampton, C., & Merry, S. (2021). A Cognitive Behavioral Therapy–, Biofeedback-, and Game-Based eHealth Intervention to Treat Anxiety in Children and Young People With Long-Term Physical Conditions (Starship Rescue): Co-design and Open Trial. JMIR Serious Games, 9(3), e26084.
  12. Umaç, E.H., Semerci, R. Effect of Biofeedback-Based Interventions on the Psychological Outcomes of Pediatric Populations: A Systematic Review and Meta-analysis. Applied Psychophysiology and Biofeedback, 48, 299–310 (2023).
Dr. Markus Numberger, promovierter Neurowissenschaftler und medizinischen Fachautor, spezialisiert auf molekulare Neurobiologie, Komplementär- und Integrativmedizin sowie medizinische Kommunikation. Dr. rer. nat. Markus Numberger
Mit einer beeindruckenden Laufbahn, die ihn unter anderem ins Labor des Medizin-Nobelpreisträgers Bert Sakmann führte, ist Dr. Markus Numberger ein herausragender Experte in molekularer Neurobiologie. Seine wissenschaftliche Neugier und sein tiefgründiges Fachwissen, ergänzt durch Forschungsaufenthalte in den USA und an der Charité Berlin, ermöglichen es ihm, die Komplexität der Komplementär- und Integrativmedizin verständlich zu vermitteln.
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WEITERE BEITRÄGE
Eine Hand mit angelegten Sensoren zur Messung der Herzfrequenz im Rahmen einer Biofeedback-Sitzung.

Die Macht des Biofeedback: Kontrolle über den eigenen Körper erlangen

Biofeedback wird heute vor allem zur Vorbeugung oder Behandlung von chronischen Erkrankungen wie Migräne, chronischen Schmerzen und Inkontinenz sowie als Teil der Physiotherapie bei Patienten mit Bewegungsstörungen, beispielsweise nach einem Schlaganfall, eingesetzt. Auch bei bestimmten psychischen Störungen, wie Angststörungen, ADHS oder Substanzmissbrauch scheint der Einsatz von Neurofeedback wirksam zu sein.
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