Wie Ballaststoffe und Gene das Darmkrebsrisiko beeinflussen

Eine aktuelle Studie zeigt, dass genetische Faktoren die Schutzwirkung von Ballaststoffen und Obst auf das Darmkrebsrisiko beeinflussen können. Die Ergebnisse bieten spannende Ansätze für eine personalisierte Ernährung zur Vorsorge gegen Darmkrebs.

Arzt zeigt auf ein Modell des Dickdarms, um die Verbindung zwischen Ballaststoffen, Genen und dem Darmkrebsrisiko zu erklären. Eine neue Studie zeigt, wie genetische Faktoren die Wirkung von ballaststoffreicher Ernährung beeinflussen.

Genetische Faktoren können die Schutzwirkung von Ballaststoffen auf das Darmkrebsrisiko verstärken oder abschwächen, wie eine aktuelle Studie zeigt. Foto: Shutterstock

Ballaststoffe, Gene und das Darmkrebsrisiko

Darmkrebs (kolorektales Karzinom, CRC) gehört weltweit zu den häufigsten Arten von Krebs. Jährlich erkranken Millionen von Menschen daran, weshalb effektive Präventionsmaßnahmen und frühe Erkennung entscheidend sind. Eine ballaststoffreiche Ernährung gilt als eine wichtige Möglichkeit, das Risiko zu senken, doch die Rolle genetischer Faktoren wurde bisher wenig erforscht.

Mehrere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine ballaststoffreiche Ernährung mit Vollkornprodukten, viel Obst und Gemüse das Risiko für Darmkrebs senken kann. Besonders Ballaststoffe spielen eine wichtige Rolle in der Darmgesundheit, indem sie den Verdauungsprozess unterstützen und schädliche Stoffe schneller aus dem Darm transportieren. Doch wie stark dieser Schutz wirkt, hängt offenbar auch von genetischen Faktoren ab.

Die Studie: Genetische Faktoren als Schlüsselfaktor

Eine im Juni 2024 in eBioMedicine (Teil der renommierten Fachzeitschrift The Lancet) veröffentlichte Studie hat den Zusammenhang zwischen genetischen Variationen und der Wirkung von Ballaststoffen und Obst auf das Darmkrebsrisiko untersucht.1 Die Forscher analysierten die genetischen Daten von fast 70.000 Personen, darunter knapp 30.000 Darmkrebspatienten.

Mithilfe einer sogenannten genomweiten Interaktionsstudie (GWIS) wurden Gene identifiziert, bei denen die Ernährung – insbesondere der Verzehr von Ballaststoffen, Obst und Gemüse – das Darmkrebsrisiko beeinflusst. Dazu untersuchten die Forscher über sieben Millionen genetische Marker (SNPs) im Zusammenhang mit dem Konsum dieser Lebensmittel. Mit modernen statistischen Methoden versuchten sie herauszufinden, ob bestimmte Genvarianten die schützende Wirkung von Ballaststoffen und Obst verstärken oder abschwächen.

Die Studie identifizierte zwei bedeutende genetische Wechselwirkungen zwischen Genen und Ernährung:

  • Ballaststoffe und das SLC26A3-Gen: Eine Genvariante in der Nähe des SLC26A3-Gens beeinflusste, wie stark Menschen von einer ballaststoffreichen Ernährung profitieren. Menschen mit einer bestimmten Genvariante hatten einen stärkeren Schutz vor Darmkrebs als andere. Dies deutet darauf hin, dass diese Genregion eine Rolle bei der Darmgesundheit spielen könnte.
  • Obstkonsum und das NEGR1-Gen: Eine weitere Genvariante in der Nähe des NEGR1-Gens zeigte eine Wechselwirkung mit dem Obstkonsum. Menschen mit dieser genetischen Ausprägung hatten durch Obst einen stärkeren Schutz vor Darmkrebs.

Für den Gemüsekonsum wurden keine signifikanten Wechselwirkungen mit bestimmten Genregionen gefunden.

Insgesamt bedeutet das, dass die Schutzwirkung von Obst und Ballaststoffen gegen Darmkrebs auch von genetischen Faktoren abhängt, d.h. eine bestimmte Ernährung könnte bei manchen Menschen mehr oder weniger Schutzwirkung haben als bei anderen.

Was bedeuten diese Erkenntnisse für die Prävention von Darmkrebs?

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass eine personalisierte Prävention in Zukunft möglich sein könnte. Je nach genetischer Veranlagung könnte eine ballaststoffreiche Ernährung für manche Menschen besonders effektiv sein, um das Darmkrebsrisiko zu senken. Diese Erkenntnisse könnten helfen, Ernährungsempfehlungen besser auf den individuellen genetischen Hintergrund abzustimmen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Studie nur Personen europäischer Abstammung umfasste und die Ernährungsdaten auf Selbstauskünften basierten. Dies könnte die Übertragbarkeit der Ergebnisse einschränken. Zukünftige Studien sollten auch andere Bevölkerungsgruppen einbeziehen und präzisere Ernährungsdaten erfassen, um die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse zu erhöhen.

Auch bei Prostatakrebs könnte die Ernährung eine wichtige Rolle spielen – spannende Erkenntnisse dazu finden Sie im Artikel Pflanzliche Kost als Hoffnung bei Prostatakrebs.

Quellen anzeigen
  1. Papadimitriou N, Kim A, Kawaguchi ES, et al. Genome-wide interaction study of dietary intake of fibre, fruits, and vegetables with risk of colorectal cancer. EBioMedicine. 2024 Jun;104:105146.
Dr. Markus Numberger, promovierter Neurowissenschaftler und medizinischen Fachautor, spezialisiert auf molekulare Neurobiologie, Komplementär- und Integrativmedizin sowie medizinische Kommunikation. Dr. rer. nat. Markus Numberger
Mit einer beeindruckenden Laufbahn, die ihn unter anderem ins Labor des Medizin-Nobelpreisträgers Bert Sakmann führte, ist Dr. Markus Numberger ein herausragender Experte in molekularer Neurobiologie. Seine wissenschaftliche Neugier und sein tiefgründiges Fachwissen, ergänzt durch Forschungsaufenthalte in den USA und an der Charité Berlin, ermöglichen es ihm, die Komplexität der Komplementär- und Integrativmedizin verständlich zu vermitteln.
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